Die Geschichte Arstens

AKTUELLES:

Ausgrabungen in Arsten:

Die Landesarchäologie Bremen untersuchte ein Grundstück in Arsten, auf dem bis vor kurzem ein altes Bauernhaus stand. Was dort gefunden wurde, zeigt, dass auf der Fläche an der Arster Landstraße seit 2.000 Jahren gewohnt wurde.

Hier ein Bericht von Buten un binnen:

https://www.butenunbinnen.de/videos/arsten-ausgrabung-archaeologie-100.html

Vor 75 Jahren wurde Arsten befreit

Am 25. April 1945 wurde Arsten, damals noch selbständige Gemeinde im Bremer Landgebiet, von britischen und kanadischen Truppen eingenommen. Damit endeten hier bereits zwei Wochen früher der Krieg und die Naziherrschaft. Der Arbeitskreis Arster Geschichte(n) hat Arster befragt, die das Kriegsende als Kinder und Jugendliche erlebten, und dabei eine Menge über die Ereignisse in den letzten Kriegstagen erfahren.

Zunächst einige Fakten zur Situation am Kriegsende. Die ersten britischen Truppen standen bereits am 8. April vor den Toren Bremens und nahmen am 9. April Kirchweyhe ein. Am 16./17. April wurde Brinkum eingenommen und damit standen sie in einer Linie an der überschwemmten Ochtumniederung. Am 19. April wurden in Leeste die letzten Planungen für den Angriff auf Bremen mit Marshall Montgomery abgeschlossen.

Luftaufnahme der British Airforce von Arsten mit überschwemmter Ochtum am 16.4.1945
Luftaufnahme der British Airforce von Arsten mit überschwemmter Ochtum am 16.4.1945 (Foto: Staatsarchiv Bremen)

Am 20. April stellten die Engländer Bremen ein Ultimatum, das per Flugblatt in die Stadt geschossen wurde: bedingungslose Übergabe der Stadt durch einen Unterhändler mit weißer Fahne. Der Kampfkommandant Becker hatte am 5. April in Bremen das Kommando übernommen mit der Maßgabe: Kampf bis zur letzten Patrone und dem letzten Blutstropfen. Teile der Kaufmannschaft setzten sich für eine kampflose Übergabe der Stadt ein, doch der NSDAP-Gauleiter Wegener und Kreisleiter Schümann waren vehement dagegen und wollten den bedingungslosen Endkampf. So begann am Abend des 21. April der verstärkte Beschuss Bremens durch britische Artillerie aus Leeste.

Britische Artillerie beschießt Bremen im April 1945 (aus: Herbert Schwarzwälder – Bremen und Nordwestdeutschland am Kriegsende 1945)
Britische Artillerie beschießt Bremen im April 1945
(aus: Herbert Schwarzwälder – Bremen und Nordwestdeutschland am Kriegsende 1945)

Wolfgang Osterloh (*1930) berichtet: „Wie der Beschuss hier war, da haben die von Habenhausen zurückgeschossen. Die große Flakbatterie in Habenhausen war ja eigentlich Fliegerabwehr und hat dann Erdbeschuss nach Leeste gemacht. Und weil die flach über Arsten weggeschossen haben, hat das hier so gedonnert und geknallt, das glaubst du nicht.“

Am 24. April gab es dann einen Angriff der Tiefflieger, den Ferdinand Kifmeier (*1932) im Keller des Klatte-Hauses miterlebte: „Da flogen immer die Aufklärer bei klarem Himmel im April. Und dann kam der Tag, an dem die Tiefflieger kamen und die haben alles in Brand geschossen, was die oben an militärischen Bewegungen gesehen hatten.“

Inge Burdorf erinnert sich ebenfalls an diesen Tag: „Dann ging das los mit den Tieffliegern. Wir saßen mit acht Frauen beim Nachbarn im Keller, ganz eng bei einander. Und dann haben die auf die Dächer geschossen. Du glaubst nicht so was Schlimmes. Das ist ja schlimmer, als wenn die Bomben gefallen sind. Und dann haben die Bätjers Haus in Brand geschossen, ein Fachwerkhaus mit Strohdach.“

Willershaus , Arster Heerstraße 75
Willershaus, Arster Heerstraße 75, Hof der Familie Bätjer

Einige Tage vorher war schon das Beikenhaus zerstört worden, ebenfalls ein altes strohgedecktes Bauernhaus. Auf dem Dachboden des Hauses wurde beim Brand von der Feuerwehr eine Funkeinrichtung gefunden.

Das Beikenhaus an der Arster Heerstraße
Das Beikenhaus an der Arster Heerstraße

Hier hatte eine kleine Gruppe Funkkontakt mit den britischen Truppen, wie sich Herbert Lüllmann (*1935) erinnert: „Da hat irgendjemand einen Draht gehabt zu den Engländern, das Arsten nichts mehr macht und die SS abgezogen ist. Die SS hatte bei Ruprecht auf dem Hof eine große Baracke und hatten dort eine Küche.“

Der Volkssturm wurde auch in Arsten aufgestellt und sollte Bremen verteidigen. Doch bei dem Beschuss gingen sie nach Hause, erzählt Wolfgang Osterloh. „Die Gewehre haben sie hinter die Mauer von Lampen-Meier geworfen“, erinnert sich Ferdinand Kifmeier.

Mauer am Haus von Lampen-Meier, Arster Heerstraße
Mauer am Haus von Lampen-Meier, Arster Heerstraße

Dennoch gab es einige unverbesserliche wie Edu Lackmann (*1934) zu berichten weiß: „Fast zum Schluss lief noch einer in Nazizeug und mit Ritterstiefeln herum und wollte noch den Krieg gewinnen.“ Der hat dann zum Schluss die Ochtumbrücke nach Lesste sprengen lassen, um zu verhindern, dass die Engländer nach Arsten kommen konnten.

Ferdinand Kifmeier erinnert sich an das Kriegsende: „Wie das abends dunkel wurde, da ging das Schießen los. Die von Habenhausen haben nach Leeste geschossen und die Leester hierher. Und bei diesem Trommelfeuer sind die Engländer mit den Schwimmpanzern hier durchgekommen

Britische Schwimmpanzer („Buffaloes“) (aus: Herbert Schwarzwälder – Bremen und Nordwestdeutschland am Kriegsende 1945)
Britische Schwimmpanzer („Buffaloes“)
(aus: Herbert Schwarzwälder – Bremen und Nordwestdeutschland am Kriegsende 1945)

und da standen sie bei uns nachts im Keller und sagten „Wo deutsch Soldat?“ Und die hatten sich schon alle vorher abgesetzt in Richtung Elbe. Hier war kein Soldat mehr. Und dann war für uns der Krieg zu Ende.“

Flak-Baracke bei der Schule in Arsten
Flak-Baracke bei der Schule in Arsten

Lore Rosemeyer (*1931) erzählt: „Wir sind in den Bunker rein und dann war in der Nacht ein Beschuss und Bomben. Ich kann gar nicht schildern, wie schlimm das war. Das war ein Schütteln und Tun, als ob hier die Hölle los war. Und dann gegen Morgen war Stille. Kein Beschuss mehr. Dann kam der Bunkerwart und sagt: ‚Die Engländer sind da. Die stehen vor dem Bunker.‘ Die Soldaten gingen mit Maschinenpistolen durch den Bunker. Das waren ganz junge Bengel, die hatten ja bestimmt genauso Angst wie wir.“

Der Bunker auf Lahrs Weide (im Hintergrund rechts)
Der Bunker auf Lahrs Weide (im Hintergrund rechts)

Die erste Begegnung mit den Engländern erlebte Rosi Wassermann (*1929) im Keller auf der Riederhöhe: „Wir haben alle im Keller gesessen und dann klopfte es an unsere Tür. Dann bin ich hingegangen und da war dann ein ganz netter dunkelhäutiger Soldat, der sagte: ‚Guten Morgen, haben sie gut geschlafen?‘ Also ich war ganz platt! Und dann sind wir alle aus dem Keller gekommen und sie haben geguckt, ob wir hier Soldaten haben. Dann sind sie wieder gegangen.“

Aber der Krieg war noch nicht zu Ende. Helmut Frese (*1937) berichtet: zwei Tage schoss ein Panzer neben seinem Haus Ecke Hohenleuchte /Hinter dem Vorwerk aus auf die Flak in Habenhausen. „Dann sah mein Opa, wie sie eine weiße Leuchtrakete abschossen. Da war Schluss.“

© Arbeitskreis Arster Geschichte(n) Friedrich Greve 20.4.2020

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Viel Spaß!